Gernot Kiefer ist Spitzenmanager in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. In einem Interview hat er sich zu Eckpunkten der Pflegereform 2011 geäußert. Er weist darauf hin, dass Konsens darüber herrsche, dass die Bedürfnisse demenziell Erkrankter bisher nur unzureichend berücksichtigt werden. Ein unter Ministerin Schmidt erarbeitetes Konzept mit "Bedarfsgraden", die den Grad der Selbstständigkeit und nicht mehr der Zeitaufwand der Pflegenden zum Maßstab haben, wird von ihm gestützt. Ein so reformierter Begriff von Pflegebedürftigkeit werde kommen. Kiefer stellt heraus, dass eine kostenneutrale Reform bedeutete, dass den einen weggenommen würde, was Demenzkranke mehr bekommen sollen. Ein solches Vorgehen hält er für unrealistisch. Der Beirat zur Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs hatte Szenarien zwischen 0 und 4 Mrd. Euro Mehrkosten vorgelegt. Kiefer meint, der Finanzbedarf werde deutlich unter 4 Mrd. liegen.
Zur Frage der Bildung eines kapitalgedeckten Anteils in der Pflegeversicherung weist der Spitzenmanager darauf hin, dass das Risiko "Pflege" und daraus entstehende Hilfsbedürftigkeit ungleich verteilt wären. Damit sei auch der Leistungsbedarf jedes Versicherten unterschiedlich. Wenn also die Politik zur Aufassung käme, es sei ein Kapitalstock nötig, dann müsse dieser folgerichtig kollektiv aufgebaut werden. Nur dann liesse sich ein Beitragsanstieg für alle Versicherten auffangen. Die Chefin der Barmer GEK, Birgit Fischer, lehnt eine Kapitaldeckung grundsätzlich ab. "Das Geld reicht aus - erst recht, wenn man die private und die gesetzliche Pflegeversicherung zusammenführen und die Töpfe nicht mehr trennen würde", wird Fischer im Ärzteblatt zitiert.
Zum Fachkräftemangel verweist der Manager der Kassen auf die Pflegeanbieter. Niemand müsse sich über Personalnot wundern, wenn an manchen Orten noch nicht einaml der Mindestlohn gezahlt werde. Aber auch der Tariflohn (durchschnittlich 1700 bis 2700 Euro brutto) sei nicht gerade ein übermäßiger Anreiz.
Vom Kassenmanager kommt allerdings kein Wort dazu, dass in Pflegesatzverhandlungen Spielraum für Steigerungen gewährt würde, um höhere Gehältern zu finanzieren.
Die Beschlüsse der schwarz-gelben Bundesregierung zur veränderten Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Anlass für den DGB mit einem eigenen Konzept zur solidarischen Absicherung des Krankheits- und auch des Pflegerisikos an die Öffentlichkeit zu gehen. "Die Bürgerversicherung ist nachweislich die überlegene Alternative, denn nur so lässt sich die chronische Einnahmeschwäche der Gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig und sozial gerecht kurieren", so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bei der Vorstellung der Studie. "Die Kommission schlägt dazu vor, die GKV als Solidarsystem für alle BürgerInnen auszubauen, die Bemessungsgrundlagen auszuweiten und dafür auch Kapitaleinkünfte einzubeziehen. Die Beitragsfinanzierung soll wieder paritätisch gestaltet werden. Durch eine Kombination der im Bericht aufgeführten Optionen zur Bürgerversicherung ist ein finanzieller Gestaltungsspielraum möglich, der einer Beitragssatzsenkung von 2,2 Prozentpunkten entspricht. Buntenbach betonte, dass den 70 Mio. Versicherten auch die von der Koalition geplante Beitragserhöhung zum 01. Januar 2011 erspart bleiben könnte."
zur Pressemeldung des DGB vom 13.12.2010Auf eine Anfrage der Grünen Fraktion gab die Bundesregierung Auskunft zu den Effekten des Mindestlohns in der Pflege. Bundesweit werden 520.000 Beschäftigte gezählt, die ambulant oder stationär in der Pflege arbeiten. Rund 73.000 von Ihnen profitieren vom gesetzlichen Mindestlohn. Etwa 13.000 leben in den fünf neuen Bundesländern. Für Ostdeutschland wurde der Mindestlohn auf 7,50 Euro, in den alten Ländern 8,50 Euro festgesetzt. Bundesweit wurden für März 2010 etwa 9400 Vollzeitbeschäftigte in der Pflege gezählt, die ergänzendes Arbeitslosengeld II beziehen (Aufstocker).
zur Pflege: 73.000 erhalten vom Mindestlohn Artikel im Ärzteblatt vom 12.12.2010Das statistische Bundesamt hat aktuelle Zahlen zu den Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Pflege vorgelegt. Der Gesundheitsminister veranstaltet, was Medien einen "Pflegegipfel" nennen ... Das ist für den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Anlass auf seinen "Zehn-Punkte-Plan zur Verbesserung der Pflegesituation" hin zu weisen. Es geht um mehr Zeit und mehr Geld für die Unterstützung Pflegebedürftiger. Es geht um die Erneuerung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Damit soll die Versorgung von Demenzkranken verbessert werden. Es werden Reformen in der Pflegeausbildung, der Vergütung und bei den Arbeitsbedingungen gefordert, um Pflegende im Beruf zu halten und neue Kräfte gewinnen zu können. Auch die Qualität des Managements wird angesprochen.
Zehn-Punkte-Plan zur Verbesserung der Pflegesituation, Artikel auf www.altersdiskriminierung.de vom 6.12.2010Der Deutsche Pflegerat e.V., Bundesarbeitsgemeinschaft des Pflege- und Hebammenwesens (DPR), ruft die Verhandlungspartner von Seiten der Leistungserbringer und Leistungsträger dazu auf, das Scheitern der Verhandlungen zur Anpassung der Pflegetransparenzvereinbarung (PTV) als Chance für einen Neuanfang zu begreifen. "Der Ansatz der PTV, Dokumentation zu prüfen und nicht Ergebnisqualität beim Klienten war schon falsch", sagt Gisela Bahr-Gäbel, Mitglied im Präsidium des DPR. Dies sei nur weiterer Ausdruck der Dokumentationswut im deutschen Gesundheitssystem. In einer Kultur des Misstrauens müssten immer mehr Ressourcen darauf verwendet werden, über das der fach- und sachgerechten individuellen Pflege dienende Maß hinaus zu dokumentieren. Zeit, die dann in der Versorgung fehle, so Bahr-Gäbel weiter. Wenig hilfreich für eine fachliche und sachgerechte Diskussion sei auch der zunehmende politische Druck gewesen. Zuletzt sei es anscheinend nur noch darum gegangen durch irgendwelche Bewertungsregeln die im Durchschnitt zu guten Noten abzusenken. Von der Erfüllung des Auftrags des Gesetzgebers, für Transparenz zu sorgen und damit Entscheidungsmöglichkeiten für die Verbraucher zu schaffen, war man weit entfernt. Wichtig ist für den DPR, dass bereits vorliegende Hinweise aus der Wissenschaft umgesetzt werden. Dazu gehören auch die Empfehlungen des Beirates, die aus dem Gutachten zur PTV hervorgegangen sind. Der DPR fordert unter Einbeziehung der Ergebnisse des Projektes, Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe' der Universität Bielefeld einen Neuanfang für eine Transparenzvereinbarung. Pflegewissenschaftliche Expertise muss an diesem Prozess beteiligt werden, denn nur so kann eine qualifizierte Lösung zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern ausgehandelt werden, die sich am Verbraucher orientiert. Auch der DPR bietet hier seine Unterstützung als neutrale Institution und Dachorganisation der Pflegeberufe in Deutschland an.
DPR fordert neuen methodischen Ansatz für Qualitätstransparenz in der Pflege, Presseinformation des DPR vom 26.12.2010Seit Monaten verhandelten gesetzliche Versicherungen und die Verbände der Pflegeanbieter über Möglichkeiten, die Pflegenoten weiter zu entwickeln. Immer wieder wurde betont, dass die Pflegebedürftigen und Angehörigen dringend Unterstützung dabei bräuchten, die Pflegequalität verschiedener Einrichtungen miteinander zu vergleichen. Einig ist man sich auch, dass die jetzt gültige Fassung der Pflegetransparenzvereinbarungen dringend verbessert werden müssen. Die Verhandlungen sind trotzdem gescheitert. Gernot Kiefer vom Vorstand des GKV-Spitzenverbandes nannte den Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe sowie den Arbeitgeber- und Berufsverband der Privaten Pflege als Schuldige für den jetzigen Scherbenhaufen. Die beschuldigten Verbände konterten: "Regierung, Kassen und einige Pflegeverbände" trügen die Schuld. Diese hätten "ein ungeeignetes, unfaires Pflegenoten-System kosmetisch korrigieren und zementieren wollen".
Aus dem Umfeld von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) verlautet der Minister sei zutiefst "empört", dass die Bemühungen der Selbstverwaltung gescheitert seien. Jens Spahn (CDU): "Ich habe keinerlei Verständnis, dass zwei Kleinstverbände eine zufriedenstellende Lösung blockieren". Es dränge sich der Eindruck auf, "dass die was zu verstecken haben". Von der SPD-Bundestagsfraktion ist zu lesen, man verurteile die Blockadehaltung der beiden Verbände "die weniger als fünf Prozent der Pflegeanbieter repräsentieren", an der eine Verbesserung der Pflegenoten nun gescheitert sei. "Der Gesetzgeber hat bei der Verbesserung der Pflegenoten bewusst auf die Beteiligung aller Vertragspartner gesetzt. Bevor Heimbewohner an gravierenden Pflegemängeln wie Flüssigkeitsunterversorgung oder Wundliegen leiden, muss die Bundesregierung nun schnell handeln."
Aus Sicht des Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) wurden insgesamt die Empfehlungen aus dem pflegewissenschaftlichen Evaluationsbericht "zu wenig herangezogen. Ein daran ausgerichtetes systematisches Vorgehen statt zunehmend weniger sachlich begründbarer Nachjustierungen, wäre sicherlich der überzeugendere Weg für alle Beteiligten bei diesem schwierigen Unterfangen gewesen. Der aktuelle Abbruch der Verhandlungen in der Selbstverwaltung beinhaltet aber auch die Chance auf einen Neuanfang. Die Ergebnisse des Projektes 'Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe' der Universität Bielefeld werden Anfang Dezember der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Erkenntnisse aus diesem Forschungsprojekt ermöglichen mit einer neuen Sichtweise den gesetzlichen Auftrag umzusetzen, um Verbrauchern verständliche und vergleichbare Informationen zur Verfügung zu stellen." Der DBfK fordert, dass es künftig nicht mehr "zu einer Verwechselung von Dokumentationsdefiziten mit Versorgungsdefiziten kommt."
Auch die Caritas Münster setzt sich dafür ein, die Studie des vom Bundesgesundheitsministerium selbst beauftragten Pflegewissenschaftlers Prof. Wingenfeld abzuwarten. Als Beispiel für die Chancen eines neuen Anfangs weist man auf einen Änderungsvorschlag aus dieser Studie hin:
Bisher wird bei einer Prüfung für die Pflegenoten eine Stichprobe von Altenheimgästen ausgewählt. Nur hier wird überprüft, ob in der Dokumentation das Dekubitus-Risiko erfasst wurde und angemessene Maßnahmen ergriffen wurden. Die Gruppe um Prof. Wingenfeld schlage als Verbesserung vor, die gesamte Zahl aller BewohnerInnen mit Dekubitus als Bewertungskriterium zu nutzen.
Die Ersatzkassengemeinschaft fordert, dass die solidarische, umlagefinanzierte gesetzliche Pflegeversicherung erhalten bleibt. Auf einer Sondersitzung der Mitgliederversammlung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) verabschiedeten die ehrenamtlichen Vertreter der Ersatzkassen einstimmig ein Positionspapier zur Reform der Pflegeversicherung. Der Vorsitzende des vdek, Christian Zahn, erklärte: "Das Solidarprinzip darf nicht infrage gestellt werden. Die einkommensabhängige und paritätische Finanzierung durch Versicherte und Arbeitgeber muss beibehalten werden. Auch das Prinzip, dass sich die Höhe der Beiträge nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richtet, muss in der Pflegeversicherung aus Gerechtigkeitsgründen erhalten bleiben." Die Dynamisierung von Leistungen und die Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind unter Ausschöpfung der bestehenden Möglichkeiten zu finanzieren. Erst danach kann über andere Finanzierungsquellen nachgedacht werden. "Zuerst einmal muss die private Pflegeversicherung zukünftig an der Solidarität in der Pflege beteiligt werden." Die Privatpflegeversicherung baut jedes Jahr ihre Gewinne aus. "Das hat aber nichts damit zu tun, dass die kapitalgedeckte Finanzierung besser funktioniert. Die einfache Antwort lautet: Die Privaten haben einfach weniger Pflegefälle. Hier wurde und wird systematisch Rosinenpickerei betrieben", so der Verbandsvorsitzende.
zur Pressemeldung des vdek vom 24.11.2010"Ich bin stocksauer, was da in der Selbstverwaltung abläuft!"
So zitiert die Ärzte Zeitung Wolgang Zöller. Der ist nicht nur Bundestagsabgeordneter, sondern auch Patientenbeauftragter der Bundesregierung. Die Selbstverwaltung in der Pflege, im wesentlichen Pflegekassen und Pflegeanbieter, schafften es seit Monaten nicht, "offensichtliche Fehler" des Pflege-TÜV "auszubügeln", schimpfte Zöller vor AOK Vertretern. Bis Ende November sollten die nötigen Reformen vorgelegt werden, sonst müsse "die Politik" Entscheidungen treffen. "Wenn keine Einigung gelingt, sind wir Politiker gezwungen, nachzubessern", sagte Zöller. Es sei richtig und wichtig den Pflege-TÜV fortzuführen betonte der CSU-Politiker. "Das muss nur sinnvoll gestaltet sein."
Der Deutsche Pflegerat e.V. (DPR) sieht die Dialogveranstaltung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zum Fachkräftemangel und Sicherung der Nachwuchsgewinnung als einen Meilenstein. Das Treffen am 7. Dezember 2010 könne wichtige Weichenstellungen einleiten. "Es ist ein drängendes Problem und deshalb bin ich zufrieden, dass das BMG mit den Experten bespricht, wie wir mit der Krise der Pflegeberufe umgehen wollen", sagt Andreas Westerfellhaus, Präsident des DPR und ergänzt: "Jetzt ist von allen Beteiligten konstruktives Mitarbeiten gefragt, mit substanzloser Kritik kommen wir nicht weiter. Der DPR begrüßt, dass sich die vom Ministerium angeregte Gesprächsserie nicht nur um die Pflegeversicherung dreht, sondern deutlich das gesamte Spektrum berücksichtigt, in dem professionelle Pflege arbeitet", so Westerfellhaus weiter. Neben den Fragen der Nachwuchsgewinnung, müsse die Arbeitssituation und Weiterentwicklung der Pflegeberufe Bestandteil des Gesprächs sein.
Dazu gibt es eine Zusicherung aus dem BMG sowohl von
Bundesminister Rösler als auch Staatssekretärin Widmann-Mauz:
„Die Arbeiten im Haus laufen bereits seit langem. Ein
Gesamtfahrplan für das Jahr 2011 für die Pflegeberufe ist in Arbeit
und wird umgesetzt“, so Rösler. .
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Rolf Hoberg, begrüßt grundsätzlich die Einführung der Pflegenoten, weil so "erstmals eine gewisse Transparenz über die Qualität" geschaffen werde. Die AOK Baden-Württemberg habe ihren "Pflegeheimnavigator" im Internet allerdings so verändert, dass "die Bewertungen von 709 Heimen nach einzelnen Risikofaktoren sortiert" werden. "Diese Risikofaktoren beziehen sich auf die Pflege des Heimbewohners und zeigen so auf den ersten Blick, wie es um die Pflegequalität im ausgewählten Heim steht", sagte Hoberg. So greift die AOK künftigen Debatten vor.
Artikel der der Ärztezeitung vom 26.10.2010Für den 04.10.2010 lud die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu einer Fachtagung unter der Überschrift "Pflege – Wo ist politisches Handeln gefragt?".
Man war sich einig, dass die Finanzierung der Pflegeversicherung überarbeitet werden müsse. "Der Bremer Pflegeforscher Stefan Görres sprach von einem zusätzlichen Bedarf an Pflegekräften im Jahr 2050 zwischen 1,35 und 2,1 Millionen. Deshalb seien deutliche Anstrengungen erforderlich, um die Attraktivität des Berufsfeldes zu steigern." Es wurde gefordert, dass die Interessenverbände der Pflege gemeinsam mit Politik und Arbeitgebern nach Konzepten suchen müsse, um die Qualität der professionellen Pflege zu steigern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Familienpflegezeit wurden erwähnt. "Die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz stellte zehn Handlungsfelder vor und resümiert 13 Monate nach der Bundestagswahl: "Der Koalitionsvertrag ist klar: Es soll ein neuer, differenzierterer Begriff der Pflegebedürftigkeit erarbeitet werden, der nicht nur körperliche Beeinträchtigungen berücksichtigt sondern auch anderweitigen Betreuungsbedarf umfasst. Damit kommt die Pflegeversicherung weg von der sog. Minutenpflege, die lediglich auf Verrichtungen abstellt, zu einem System, das den Bedarf stärker auf den Grad der Selbstständigkeit hin ausrichtet. Es liegen bereits gute Ansätze vor. Das BMG wird zum Verfahren einen Vorschlag erarbeiten. Die weitere Diskussion muss im Zusammenhang mit der zukünftigen Finanzierung der Pflegeversicherung gesehen werden."
'Ansätze' liegen vor. Ein 'Vorschlag zum Verfahren' wird erarbeitet. Die Finanzierung darf nicht vergessen werden. Was fehlt sind die Namen von Verantwortlichen und verbindliche Termine, nicht nur zu diesem Reformvorhaben.
"Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordost e.V. wendet sich entschieden gegen Pläne, den 'Gemeindeschwestern' Aufgaben in Pflege und Versorgung schwerkranker Krebspatienten zu übertragen. 'Ambulante Pflegedienste leisten im Land Brandenburg in der Pflege auch von Krebspatienten gute Arbeit und kommen in der Regel täglich in die Häuslichkeit. Es macht keinen Sinn hier Doppelstrukturen zu schaffen. Wichtig ist eine gute regionale Vernetzung und Kooperation von Hausärzten, Hausarztpraxen und Pflegediensten, um perspektivisch dem Versorgungsbedarf auch qualitativ hochwertig zu begegnen.' so Anja Kistler, Geschäftsführerin im DBfK Nordost e.V." nach einem Treffen am 7. April im brandenburgischen Gesundheitsministerium.
Die sogenannten 'Gemeindeschwestern' im Rahmen des AGnES Programms sind nicht etwa Pflegekräfte mit umfassender Ausbildung, sondern in der Regel Arzthelferinnen, die im Auftrag des Arztes Hausbesuche mit sehr begrenzten Aufträgen – wie z.B. Bestimmung des Blutdrucks – durchführen. In Vorbereitung auf diese erweiterten Aufgaben sind die Praxismitarbeiterinnen qualifiziert worden. Ziel ist die Unterstützung der Hausärzte, nicht eine ganzheitliche Versorgung von Patienten. Dazu gibt es flächendeckende Angebote von Pflegediensten, die auch die meisten Aufgaben übernehmen könnten, die AGnES zugedacht werden.
Dazu erklärt Eugen Brysch (Deutsche Hospiz Stiftung):
"Jetzt den Überschuss zu feiern, den die Pflegeversicherung im vergangenen Jahr erzielt hat, wäre kurzsichtig und verfehlt. Denn die Diagnose steht seit langem fest: Die Pflegeversicherung in ihrer derzeitigen Form ist weder in der Lage, heute ein die Würde wahrendes Pflegesystem zu unterhalten, noch ist sie auch nur ansatzweise dazu fähig, die Aufgaben der Zukunft zu bewältigen. Die Politik muss endlich daran gehen, ihre Hausaufgaben zu machen und die Pflegeversicherung zu reformieren. Wir benötigen einen fundamentalen Schwenk in der Gesundheitsversorgung, wenn wir die Lebensqualität der Menschen in ihren letzten Jahren, Monaten und Wochen ernsthaft verbessern wollen.
Ein zentrales Problem ist die Trennung von Pflege- und Krankenversicherung. Sie ist nicht nur ineffizient, sie führt vor allem dazu, dass die Menschen zwischen den Systemen aufgerieben werden. Wie so oft gilt auch hier: Mehrere Köche verderben den Brei. Wenn beispielsweise ein Patient dehydriert oder wegen mangelnder Sturzprophylaxe beim Toilettengang zu Fall kommt, folgen darauf Krankenhausaufenthalt und Reha. Die Kosten für die schlechte Pflege zahlt also die Krankenversicherung. Ein solches System kann nur zu Misswirtschaft führen. Die pflegebedürftigen Menschen spüren das am eigenen Leib, die Versicherten in der Brieftasche."
"'Unbemerkt von der Öffentlichkeit und ignoriert von Trägern und Politik entsteht gerade eine riesige Lücke zwischen Angebot und Nachfrage an Pflegefachkräften,‘ sagt Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR). Nach seinem Amtsantritt hatte der Bundesgesundheitsminister noch betont, kein Minister ausschließlich für die Ärzte sein zu wollen, sondern alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen ... im Blick zu haben ... Der politisch gewollte Spardruck hat ... zu einer verfehlten Personalplanung und –entwicklung insbesondere bei den Pflegeberufen geführt. Während die Zahl von Ärzten ständig ansteigt, sinkt in Krankenhäusern die Zahl der Pflegefachkräfte weiter und entwickelt sich in der ambulanten Pflege und stationären Altenhilfe ihre Zahl nicht analog zum steigenden Versorgungsbedarf. Verschlimmert wird dies durch einen Abbau an Ausbildungskapazitäten ... Nach Auffassung des DPR hat die Politik seit mindestens 10 Jahren wegen der ausschließlichen Betrachtung von Personal als Kostenfaktor und dem Pflegesektor als Verschiebebahnhof der Arbeitsmarktpolitik eine große Mitverantwortung bei der Misere der Pflegeberufe.
Pflegende werden ausgebeutet, denn noch nie gab es so wenige Pflegefachkräfte pro Patient bzw. Bewohner unter Berücksichtigung des Unterstützungsbedarfes. Im Krankenhaus ist der Pflegepersonalschlüssel inzwischen niedriger als 1969! Worte des Bedauerns für die Lage der Pflegenden und der Wertschätzung ihrer Arbeit sind wohlfeil, wenn sie nicht durch Taten untermauert werden. Jede Imagekampagne muss verpuffen, wenn der Arbeitsalltag nicht mehr zu ertragen ist.
Denn: wir haben derzeit (noch) keinen Mangel an Pflegefachkräften, sondern einen Mangel an Pflegefachkräften, die bereit sind unter den gegebenen Bedingungen zu arbeiten.
Im Krankenhausbereich tragen häufig die Träger und in der ambulanten Pflege und stationären Altenhilfe die Kostenträger die Hauptverantwortung für die schlechte Pflegepersonalausstattung und ihre Folgen für die Versorgung. Der DPR fordert Bundes- und Landesregierungen auf, endlich die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen. Wer Pflege als Berufswahl wirklich nachhaltig attraktiv machen will, muss in die Arbeitsbedingungen, Personalausstattung, Ausbildung, Aufgabenzuweisung, Karrierechancen und auch die Vergütung der Pflegefachkräfte investieren."
Für die Pflege in Altenheimen werden Tausende von Hilfskräften gesucht. Der Eigner des Pflegekonzerns Marseille Klinken vermisse jedoch einerseits Engagement bei den Langzeitarbeitslosen, sich zu bewerben und andererseits Unterstützung durch die Arbeitsagenturen. "Nach unseren Erkenntnissen gibt es unter den Millionen von Langzeitarbeitslosen etwa 300.000, die sofort in unseren Pflegeheimen anfangen könnten", zitiert die FAZ den Pflegeheimbetreiber Ulrich Marseille. "Auf der anderen Seite sitzen mehr als 700.000 Leute in den Pflegeheimen, die nur darauf warten, dass jemand ihnen vorliest, einen Apfel schält, sie spazieren führt und sie so aus der Einsamkeit holt."
Hinweise zu Problemen mit der Qualifizierung von fachfremdem Personal oder zu Schwierigkeiten im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen von Demenzkranken werden von Marseille und FAZ nicht erwähnt.
Die bayerischen Pflegekassen, Bezirke, Städte und Landkreise beginnen mit der Gründung von landesweit zunächst fünfzehn Pflegestützpunkten. Dort werden "Informationen über alle regionalen Unterstützungsangebote" gesammelt und es soll "für eine Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote" gesorgt werden.
"Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz hatte Mitte 2008 die rechtliche Grundlage für die Gründung von Pflegestützpunkten gelegt. Am 22. Oktober 2009 war seitens des Freistaates Bayern der offizielle Auftrag zur Errichtung von Pflegestützpunkten an die Kranken- und Pflegekassen ergangen." Knapp ein halbes Jahre später sollen die ersten Pflegestützpunkt eingerichtet werden. Der Rechtsanspruch der Versicherten auf umfassende und unabhängige Pflegeberatung besteht seit dem 1.1.2009.
"Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e. V. (DBfK) begrüßt die Empfehlungen des Beirates zur Entwicklung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes. 'Mit diesem neuen Begriff wird der individuelle Unterstützungs- und Hilfebedarf auf eine neue Grundlage gestellt', sagt Gudrun Gille, Präsidentin des DBfK. Damit würde die bisherige verrichtungsbezogene Minutenpflege wegfallen, so Gille weiter. Besonders positiv ist, dass der neue Begriff und das Begutachtungsverfahren erstmalig pflegewissenschaftlich begründet, entwickelt, erprobt und evaluiert wurden. Mit dem neuen Verfahren würden die Voraussetzungen geschaffen, für eine an dem tatsächlichen pflegebedürftiger Menschen orientierten Unterstützungs- und Hilfeangebot. Deutlich gestützt würde die Berücksichtigung von betroffenen Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz auf Grund demenzieller Störungen. Der DBfK fordert eine rasche Umsetzung der Empfehlungen des Beirats im Leistungsrecht ... Besonders bedeutsam sind darüber hinaus angemessene Rahmenbedingungen und eine angemessene Vergütung für beruflich Pflegende."
zur Pressemitteilung vom 29.1.2010 auf www.dbfk.deIn der Haushaltsdebatte des Bundestags hat Philipp Rösler zum ersten Mal den Etat des Gesundheitsministeriums vorgestellt. Eine gute Gelegenheit um die Pläne für diese Legislaturperiode vorzustellen. Die Pflege kam dabei nicht vor. Hilde Mattheis (SPD) teilt dazu mit:
"Die Wahrheit ist: Die schwarz-gelbe Regierung wird mit ihren Koalitionsplänen für die Pflegeversicherung einen Angriff auf eine bislang erfolgreiche Säule unseres Sozialversicherungssystems und auf die Solidarität in unserer Gesellschaft starten.
Gegen besseres Wissen und die Lehren, die aus der Finanz- und Wirtschaftskrise zu ziehen sind, soll die sichere Umlagefinanzierung ausgehöhlt werden und die Individualisierung des Lebensrisikos Pflegebedürftigkeit betrieben werden. Und wichtige Impulse, die die Pflegereform 2008 geben hat, werden nicht weiter verfolgt. Die Förderung von Pflegeberatung und Pflegestützpunkten soll auslaufen und ob die Vorschläge des Expertenbeirats zur Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs je umgesetzt werden, bleibt offen."