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Stichwort | Entlastungsbetrag

Pflegende Angehörige leisten erstaunliches (unser Beitrag vom 3.2.07) für die Hilfebedürftigen. Sie entlasten damit die Sozialkassen in erheblichem Umfang. Trotzdem fühlen sich die meisten von Ihnen isoliert und überfordert.
Ist einer der fünf Pflegegrade bewilligt worden, besteht auch Anspruch auf „Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen“. Dafür steht ab 2017 ein „Sachleistungsbetrag“ von 125€/Monat zur Verfügung. Das ist eine Möglichkeit, um pflegende Angehörige zu unterstützen.
2023 fordert der Deutsche Hauswirtschaftsrat: „der Entlastungsbetrag muss verdoppelt und dynamisiert werden. Denn hauswirtschaftliche Unterstützung kann die Pflegebedürftigkeit eindeutig hinauszögern und hat eine präventive Wirkung“ (DHWir; 2023a).
Es ist möglich nicht beanspruchte Entlastungsbeträge bis zum Juni des Folgejahres zu verbrauchen. Der Entlastungsbetrag darf nur bei Pflegegrad 1 ausnahmsweise „auch für Unterstützung bei der Körperpflege durch einen Pflegedienst eingesetzt werden“ (DAlzG, 2020b; BMG, 2020a).
Für dieses Geld können Sie beispielsweise haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Dazu gehört die Wohnung reinigen, Wäsche waschen, bügeln, einkaufen und was sonst noch im Haushalt zu erledigen ist. Haushaltsnahe Dienstleistungen werden von vielen Pflegediensten angeboten. Es gibt auch Anbieter, die ausschließlich Hauswirtschaft und Betreuung leisten.

Der Entlastungsbetrag kann grundsätzlich nur mit einer anerkannten Einrichtung abgerechnet werden. Privat organisierte Haushaltshilfen können damit nur in Ausnahmefällen bezahlt werden. In Nordrhein-Westfalen meldet die Landesregierung, der Entlastungsbetrag stehe „für Nachbarschaftshilfe unbürokratisch“ zur Verfügung (MAGS, 2023 und NRW, 2022a).
In vielen Gemeinden gibt es Projekte, die Alltagshilfen oder Seniorenbegleitung anbieten. Langzeitarbeitslose bekommen „1–Euro–Jobs“ und Senior*innen können länger selbstständig in ihrer Wohnung leben (Rheinische Post, 2018a). Im Main Tauber Kreis wurde im Frühjahr 2018 eine Modellprojekt beworben: Frauen im Ländlichen Raum werden ermutigt „sich zu qualifizieren und zu vernetzen, um gemeinsam Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu vermarkten.“ Dabei wird auch an hauswirtschaftliche Hilfen für Pflegebedürftige gedacht. (www.nesd-bw.de) In Nord Thühringen bietet die Lebenshilfe Familienentlastende Dienste ⇗ an, die auch über die 125€ abgerechnet werden können. In Dortmund gibt es 2023 einen Seniorenbesuchsdienst.
Bürokratische Hürde: Die 125€ können grundsätzlich nur in Anspruch genommen werden, wenn das Serviceunternehmen die Anerkennung der Pflegekassen hat. (Thomas Öchsner beschreibt in „Geld für die Einkaufshilfe ⇗“ aus Laiensicht, wie Angehörige durch Leistungen der Pflegeversicherung entlastet werden können. www.sueddeutsche.de; 4. Dezember 2017)
Ob auch bei Ihnen in erreichbarer Nähe passende Angebote gemacht werden? Skepsis ist angebracht. Ein Bericht aus Drensteinfurt ⇗ (15000 Einw.) zeigt: alle drei Pflegedienste im Ort melden: „Keine Kapazitäten frei.“ (WN, 2018) Das bestätigt Klagen, die aus ganz Deutschland seit 2017 immer häufger zu hören sind: weder für hauswirtschaftliche, noch für pflegerische Aufgaben ist ausreichend Personal zu finden. Der SoVD berichtet, dass es auch 2021 schwierig ist Betreuungsdienste zu finden. Vor allem deshalb wird diskutiert, ob die bürokratischen Hürden für solche Hilfen abgesenkt werden sollen. Für NRW wird im Januar 2019 gemeldet: auch „Nachbarschaftshilfe“ könne abgerechnet werden (Novitas, 2019a). Ein Anruf bei Ihrer Pflegkasse oder im Pflegestützpunkt sollte Klarheit schaffen. Eine solche Regelung weicht in mehreren Punkten von Grundsätzen des SGB XI ab. Richten Sie sich darauf ein, dass auch die Berater*innen sich erst mal erkundigen müssen.

Alle Pflegebedürftigen ab „Pflegegrad 1 können den Entlastungsbetrag, also bis zu 1500€ pro Jahr, einsetzen, um Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen.“ (BMG, 2023e, Seite 118)
Diese Leistungen der Pflegekassen können „innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres in Anspruch genommen werden; wird die Leistung in einem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft, kann der nicht verbrauchte Betrag in das folgende Kalenderhalbjahr übertragen werden.“ (§ 45b SGB XI ⇗)
Lassen Sie sich beraten – Pflegekassen und Pflegedienste können helfen.

Die Rheinische Post veröffentlicht im September 2016 die Ergebnisse einer Umfrage unter großen Pflegekassen. Zusätzliche Leistungen wie der Entlastungsbetrag werden von weniger als der Hälfte der Pflegebedürftigen in Anspruch genommen. Die TK Rheinland-Pfalz meldet, dass 2017 „19 Prozent mehr Versicherte Entlastungsleistungen wie Beschäftigungsangebote oder die Begleitung zum Arzt in Anspruch“ nahmen als 2016 (Ärzte Zeitung, 2018b). Trotz dieser Steigerung, gehen viel zu viele Pflegehaushalte leer aus (Ärzte Zeitung, 2018a). Im Dezember 2018 wird im Sonntagsblatt wieder betont, dass nur wenige Versicherte diese Leistung nutzen.
Die Pflegekassen informieren auch über den Entlastungsbetrag, zum Beispiel die AOK pdf Logo.


Quellen:
– Ärzte Zeitung, 2018a
– Ärzte Zeitung, 2018b
– Bundesministerium für Gesundheit (BMG) 2020a: Pflegeleistungen zum Nachschlagen, Broschüre
– Bundesministerium für Gesundheit (BMG) 2023e: Ratgeber Pflege pdf Logo, Broschüre
– Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG), 2018a
– Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG), 2020b: Informationsblatt 8 | Die Pflegeversicherung ⇗
– Deutscher Hauswirtschaftsrat (DHWir; 2023a): Deutscher Hauswirtschaftsrat fordert eine deutliche Verbesserung für hauswirtschaftliche Unterstützung und Leistung im PUEG pdf Logo
– Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS, 2023): Unterstützung im Alltag. Informationen für Nutzerinnen und Nutzer
– Mannheimer Morgen, 2018
– Novitas BKK (2019a) Mitgliederzeitschrift Ausgabe 1| 2019
– NRW Landesregierung (2022a): Landesregierung stärkt weiterhin Angebote zur Unterstützung im Alltag für Pflegebedürftige
– NWZ, Nordwest Zeitung, 2018
– Rheinische Post, 2016
– Rheinische Post, 2018a
– Sonntagsblatt, 2018
– SoVD, 2021b: Jeden Monat verfallen 125 Euro von der Pflegekasse, Artikel auf www.sovd-sh.de vom 3. August 2021
– Stadt Dortmund (2023): Informationen zu den Betreuungsangeboten
– Techniker Krankenkasse TK (2020a): Pflegeversicherung: Änderungen durch Corona-Pandemie ⇗
– Westfälische Nachrichten, WN, 2018
[ausführliche Quellenangaben]

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Letzte Aktualisierung: 22.12.2023