Nachrichten aus der Pflege | 11. März 2020
Neun Jahre nach Fukushima
Heute, neun Jahre nach Erdbeben, Tsunami und Atomunfall von Fukushima bestimmen die Folgen der Katastrophen weiter den Alltag vieler Menschen in Japan. Fortgespülte Häuser wurden ersetzt, aufgerissende Straßen repariert und Telefonleitungen geflickt. Es wird eine Olympiade geplant. Doch die durch Menschen frei gesetzte Strahlung wird auch in 9, 90 und 900 Jahren Krebs oder Missbildungen verursachen.
„Im Inneren der zerstörten Reaktoren herrscht nach wie vor lebensbedrohliche Strahlung. Die Atomruinen müssen durch ununterbrochene Wasserzufuhr gekühlt werden ... Das stark verstrahlte Wasser soll ab 2022 direkt in den Pazifik abgelassen werden.
In den verstrahlten Gebieten besteht anhaltend ein zusätzliches gesundheitliches Risiko durch radioaktive Strahler wie Cäsium-137 ... Mit zusätzlichen Krebsfällen ist in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu rechnen. Einen kleinen Teil der zu erwartenden Krebserkrankungen stellen Schilddrüsenkrebserkrankungen dar. Dies ist jedoch die einzige Erkrankung, die die japanische Regierung zumindest bei Kindern und Jugendlichen in einem systematischen Screening untersucht ... Die offizielle Neuerkrankungsrate an Schilddrüsenkrebs bei Kindern unter 25 Jahren in Japan beträgt im Jahr knapp 0,6 Fälle pro 100.000 Menschen. Neun Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe wären in der untersuchten Bevölkerung von knapp 218.000 Patient*innen etwa 11-12 Schilddrüsenkrebsfälle zu erwarten. Die tatsächliche Zahl der Schilddrüsenkrebsfälle in Fukushima liegt allerdings bei 197 Fällen und damit mindestens um das 17-fache darüber. Betrachtet man nur die neuen Fälle seit 2014 liegt der Faktor sogar bei 23. Neben der steigenden Zahl von Schilddrüsenkrebsfällen fanden die Forscher*innen jährlich steigende Raten an Knoten und Zysten in den kindlichen Schilddrüsen.
Parallel dazu sinkt die Zahl der untersuchten Kinder seit Jahren. Waren es in der Erstuntersuchung (2011-2014) noch rund 300.000 Kinder, nehmen mittlerweile nur noch knapp 218.000 Kinder teil. Bei den über 25 jährigen liegt die Teilnahmequote an Untersuchungen bei unter 10%.“
Es wäre sinnvoll allen Menschen, die in Japan zur Zeit der Katastrophe lebten und auch ihren Nachkommen, besondere Versorgeuntersuchungen zu anzubieten. Es wäre sinnvoll solche Daten wissenschaftlich auszuwerten. Die Ergebnisse wären die Grundlage für realistische Folgenabschätzungen zum Einsatz vom Atomenergie. Solche Studien könnten die Verursacher zwingen, Schadenersatz zu leisten.
Das wird in Japan nicht gemacht. Das wurde und wird, nach der Katastrophe von Tschernobyl, auch in der Ukraine nicht gemacht.
Es gibt keinen Schwellenwert, unterhalb dessen Strahlung unwirksam, also ohne gesundheitliche Folgen wäre.
Wir werden Euch nicht retten können!
Es wurde radioaktives Material frei gesetzt. Menschen erkranken (nicht nur) an Krebs, die sonst ein unbelastetes Leben hätten führen können.
Es bleibt den Helfenden nur, die Symptome zu behandeln.
Georg Paaßen
☞ Fukushima darf nicht vergessen werden – 9 Jahre nach dem mehrfachen Super-GAU, IPPNW-Pressemitteilung vom 9. März 2020
☞ ippnw – Informationen: Gefahren ionisierender Strahlung (2013)
☞ ippnw: Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl. 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe (2006)
☞ Schilddrüsenkrebsuntersuchungen bei Kindern in der Präfektur Fukushima, unser Beitrag vom 11. März 2018
☞ Sechs Jahre nach Fukushima, unser Beitrag vom 11. März 2017
☞ Gedanken zu Fukushima , Überlegungen von Georg Paaßen über professionelle Pflege nachdem eine Region verstrahlt wurde (2013).